Goethe-Zitate - kommentiert
Johann Wolfgang Goethe ist allgegenwärtig. Seine geflügelten Worte sind in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen.
Zitate von ihm werden von uns – mehr oder weniger bewusst – benutzt, wenn wir inhaltlich überzeugen oder rhetorisch glänzen wollen. Wer Goethe zitiert, trifft immer den Punkt.
Im Folgenden eine kleine Zitate-Auswahl des Goethe-Rezitators, vor allem aus Faust und den Gedichten.
Goethe Zitate über die Welt
"Was die Welt im Innersten zusammenhält."
Wer die Welt verstehen will, braucht Wissen. Wem das nackte, naturwissenschaftliche Wissen zu rational ist, setzt lieber auf Welterfahrung, Gottervertrauen oder, wie Faust in Goethes Drama, auf Magie.
Der Forscher Faust muss aber erkennen, dass ihm weder Magie noch der Pakt mit dem Teufel die Welt erklären können. Achtung, Spoiler: Es ist die Liebe, die die Welt im Innersten zusammenhält.
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"Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich alles wissen."
Fausts Mitarbeiter Famulus Wagner will sich nicht der Magie ergeben und setzt weiter auf die Wissenschaft. Er bekennt seinem Dienstherrn Faust:
Heute hilft das Zitat, dem eigenen Wissensdrang scherzhaft Ausdruck zu verleihen. Denn Wissen an und für sich ist wahrlich kein Makel!
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"Man merkt die Absicht und ist verstimmt."
Diese Aussage ist die leicht abgewandelte Form einer Äußerung aus Goethes Drama Torquato Tasso, mit welcher der Held sein Missfallen an dem Verhalten der Leonore Sanvitale ausdrückt:
Man verwendet dieses Zitat, wenn wir schlecht verborgene persönliche Interessen erkennen.
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"Verweile doch! Du bist so schön!"
Dieses berühmte Zitat stammt natürlich aus Johann Wolfgang Goethes Drama Faust.
"Werd‘ ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! Du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
dann will ich gern zugrunde gehen!"
Faust verpflichtet sich dem Teufel, also Mephistopheles, seine Seele zu überantworten, wenn er durch dessen Dienste Zufriedenheit erlangt, mithin erkennt, was die Welt im Innersten zusammenhält.
"Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten."
Diese Feststellung findet sich in Goethes Drama Götz von Berlichingen.
Der Ritter mit der eisernen Faust reagiert auf Weislingens Wunsch, Gott möge ihn viel Freude an seinem Sohn erleben lassen, skeptisch:
Sprichwörtlich wird diese Aussage heute im Sinne eines Urteils genutzt - ohne eine positive oder negative Wertung vorzunehmen. Das Prinzip dabei: Gegensätze bedingen einander. Das ist in der Natur so, aber auch bei Menschen.
Goethe Zitate über den Menschen
"Bin weder Fräulein, weder schön, kann ungeleitet nach Hause gehen."
Im ersten Teil von Goethes Faust weist Gretchen mit diesen Worten Faust ab, der sie schmeichelnd zuvor gefragt hatte:
"Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?"
Das Wort Fräulein wird von Goethe noch im hergebrachten Sinne gebraucht: junge Frau aus dem Adel. Dabei ist offensichtlich, dass Gretchen kein Fräulein ist, was diese auch bestätigt.
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"Blut ist ein ganz besondrer Saft."
Faust hat mit Mephisto einen Pakt geschlossen, den dieser besiegelt sehen will. Faust soll den Vertrag mit seinem Blut unterzeichnen. Die Unterschrift mit Blut ist besonders bindend.
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"Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor."
Faust spricht diese Worte nach dem Hinweis auf alle seine bisherigen, von ihm als nutzlos angesehenen Studien:
"Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie!
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh’ ich nun, ich armer Thor!
Und bin so klug als wie zuvor."
Das Zitat wird gerne herangezogen, um klar zu machen, dass selbst intensive Bemühungen vergeblich waren, um bestimmte Ziele zu erreichen.
"Das Kind beim rechten Namen nennen."
Faust weist seinen Famulus Wagner darauf hin, dass es gefährlich sein kann, Erkenntnisse offen mitzuteilen:
"Ja, was man so erkennen heißt!
Wer darf das Kind beim rechten Namen nennen?
Die wenigen, die was davon erkannt,
Die töricht g’nug ihr volles Herz nicht wahrten,
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreuzigt und verbrannt."
"Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!"
Diese Aussage stammt aus dem Goethe-Gedicht Das Göttliche:
"Edel sei der Mensch,
hilfreich und gut!
Denn das allein
unterscheidet ihn
von allen Wesen,
die wir kennen."
Goethes Worte können als Ausdruck einer humanistischen Weltanschauung interpretiert werden. Literaturkritiker Reich-Ranicki schreibt genervt: „Es ist doch wirklich barer Unsinn, dass Güte und Hilfsbereitschaft den Menschen von allen Wesen unterscheiden, die wir kennen. Hilfreich und gut kann zur Not auch ein Hund sein.“
"Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein."
Faust sagt beim Osterspaziergang:
"Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein."
Zu Ostern feiern Christen die Auferstehung Jesu Christi. Goethe feiert in dem Faust-Monolog, der mit Vom Eise befreit sind Strom und Bäche einsetzt, auch den Menschen in der Natur. Nach einem langen kalten und dunklen Winter genießt die Stadtbevölkerung Sonne, Licht, frühlingshafte Luft und gemeinsames Essen und Trinken, das bekanntlich Leib und Seele zusammenhält.
Goethe Zitate über das Leben
"Alles in der Welt lässt sich ertragen, nur nicht eine Reihe von schönen Tagen."
Dieser Satz findet sich in Johann Wolfgang Goethes Gedichtsammlung von 1815 in der Abteilung "Sprichwörtlich" und wird meist auf eine Aufeinanderfolge von Feiertagen bezogen.
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"Am Golde hängt doch alles."
Im Goethe-Drama Faust sagt Margarete:
"Nach Golde drängt,
Am Golde hängt
Doch alles.
Ach, wir Armen!"
Dieses Zitat wird regelmäßig bei Themen rund um finanziellen Ressourcen oder überhaupt bei wirtschaftlichen Themen genutzt.
Gebräuchlich ist auch die modernisierte Form: „Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles.“
"Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust."
Dieses Goethe-Zitat im Faust lautet vollständig:
"Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält, in derber Liebeslust,
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andere hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen."
Mit diesen Worten sagt Goethe, dass der Mensch von Instinkten und Trieben gelenkt wird, aber – im Unterschied zu anderen Lebewesen – auch Entscheidungsfreiheit besitzt.
"Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt."
Die beiden Zeilen stammen aus dem Lied, das Klärchen, die Geliebte Egmonts, im 3. Aufzug von Goethes Trauerspiel singt:
"Freudvoll
und leidvoll,
Gedankenvoll sein;
langen und bangen
in schwebender Pein,
himmelhoch jauchzend,
zum Tode betrübt;
glücklich allein
ist die Seele, die liebt."
Das Zitat drückt den abrupten Wechsel von Überschwang zu Traurigkeit aus.
"Das also war des Pudels Kern."
Während des Osterspaziergangs im Faust-Drama gesellt sich zum Doktor Faust ein schwarzer Pudel, begleitet ihn bis in sein Studierzimmer und verwandelt sich schließlich vor seinen Augen in Mephisto im Gewand eines Scholastikers, also eines Akademikers, der auf Theologie und Philosophie spezialisiert ist.
"Das war also des Pudels Kern
Ein fahrender Scholast
Der Kasus macht mich lachen."
Pudels Kern meint: schlagartige Erkenntnis oder Lösung des Rätsels.
Goethe: Zitate über das Wissen
"Denn was man Schwarz auf Weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen."
Schwarze Tinte oder Druckerschwärze auf weißem Papier sind bleibender als das flüchtige Wort, das vergessen oder verfälscht werden kann.
Dieses zum geflügelte Wort gewordene Zitat stammt wieder einmal aus Johann Wolfgang Goethes Faust, eine Erkenntnis des Schülers im Gespräch mit Mephisto.
"Der Weisheit letzter Schluss"
Am Ende seines Lebens hat der erblindete Faust in Johann Wolfgang Goethes Drama Faust ll die Vision eines paradiesischen Landes, das dem Meer abgerungen wurde, aber ständig gegen die Flut verteidigt werden muss:
"Da rase draußen Flut bis auf zum Rand,
Und wie sie nascht, gewaltsam einzuschießen,
Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen.
Ja! diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
Das ist der Weisheit letzter Schluß:
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muß."
Mit den Worten, dass etwas nicht der Weisheit letzter Schluss sei, meint man heute, dass etwas nicht die perfekte Lösung ist.
"Grau, teurer Freund, ist alle Theorie"
Diese Mephisto-Worte in der Studierzimmer-Szene von Faust weisen den Schüler auf die Unzulänglichkeit theoretischen Wissens hin:
"Grau, teurer Freund, ist alle Theorie,
Und grün des Lebens goldner Baum."
Mit dem Zitat möchte man heute davor warnen, vor lauter Theorie, Planung und Diskussion die Machbarkeit von Aufgaben aus den Augen zu verlieren.
Goethe Zitate aus seinen Gedichten
"Halb zog sie ihn, halb sank er hin."
Die vorletzte Zeile der Ballade Der Fischer von Johann Wolfgang Goethe. Ein Fischer lässt sich von den Gesängen einer aus dem Wasser auftauchenden Nixe so betören, dass er ihr ins Wasser folgt:
"Das Wasser rauscht’,
das Wasser schwoll,
Netzt’ ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war’s um ihn geschehn;
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn."
Man verwendet dieses Zitat heute noch gelegentlich, um zu sagen, dass sich jemand nur zögerlich dazu entschließt, eine bestimmte Beziehung einzugehen oder Handlung vorzunehmen.
"Arm am Beutel, krank am Herzen"
Der erste Vers in Goethes Ballade Der Schatzgräber wird als Redensart benutzt, um scherzhaft auf Geldmangel hinzuweisen. Kein Geld, unglücklich verliebt, aber wenigstens gebildet! 😊
"Ich ging im Walde so für mich hin"
Dieses Zitat stammt aus Goethes Gedicht Gefunden von 1813, das er seiner Frau Christiane widmete und das mit folgenden Worten beginnt:
"Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn."
"Die ich rief, die Geister"
Gegen Ende von Goethes Ballade Der Zauberlehrling wird dem Lehrling klar, dass sich die herbeigezauberten Geister von ihm nicht mehr bändigen lassen. Da ihm die richtige Zauberformel nicht einfällt, ruft er verzweifelt:
"Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister,
Werd‘ ich nun nicht los."
Das Zitat wird heute gebraucht, um darauf hinzuweisen, dass etwas außer Kontrolle geraten ist.
"Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt."
Das ist der zweite Vers der vorletzten Strophe aus Goethes bekannter Ballade Erlkönig. Das Kind im Fieberwahn hört Stimmen. Der unheimliche Erlkönig droht:
"Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
"
Heute wird das Zitat scherzhaft verwendet, wenn man Schwierigkeiten bei bestimmten Handgriffen hat und glaubt, nur mit Gewalt weiterzukommen.
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"Warte nur, balde"
Das Ende von Goethes berühmtem Gedicht Wandrers Nachtlied (Ein Gleiches).
"Über allen Gipfeln
Ist Ruh',
In allen Wipfeln
Spürest Du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur! Balde
Ruhest du auch."
Eine Parodie liefert Ringelnatz:
"Drüben im Walde
Kängt ein Guru –
Warte nur balde
Kängurst auch du."
"Warum in die Ferne schweifen?"
Diese Worte sind angelehnt an die Anfangsverse von Goethes Vierzeiler Erinnerung:
"Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
Lerne nur das Glück ergreifen,
Denn das Glück ist immer da."
Das leicht veränderte Zitat verwendet man, um auszudrücken, dass die Heimat genauso schön sein kann wie ferne Länder, oder aber auch um auf unmittelbare Lösungsmöglichkeiten für ein Problem hinzuweisen.