Goethe Live – REZITATion – FRANKFURT AM MAIN

Was für ein Geschenk!


Was ist Rezitation?


Warum lesen wir Gedichte? Warum hören wir Gedichte? Warum rezitieren wir Gedichte? Was ist Rezitation? Einige interessante Antworten von Goethe-Rezitator Jörg Lüdecke. 


Jörg, was fasziniert dich an Gedichten?

"Gedichte spiegeln unsere Erfahrungen und Gefühle. Sie regen zum Nachdenken an, fordern uns auf, neue Perspektiven einzunehmen, und sie bieten Raum für Interpretation und Reflexion."

Brauchen wir die Rezitation von Gedichten?

"Unbedingt, denn gesprochene Gedichte berühren uns auf eine andere Weise als das stille Lesen. Denn auf einmal ist neben dem Rhythmus auch Klang da."

Seit wann rezitierst du Gedichte?

"Die Goethe-Rezitation mache ich seit 2009. Aber eigentlich fing es schon früher an. Den Zauber der Rezitation haben ich zum ersten Mal erlebt, als wir in der 7. Klasse deutsche Balladen auswendig gelernt und vorgetragen haben.

Die Erfahrung, dass Dichter mit Worten Klangkunstwerke kreïeren und damit Schönheit schaffen und Kunstgenuss erlauben, hat mich umgehauen."

Und als du wieder aufgestanden bist, warst du ein anderer?

"Absolut, Gedichte zu hören, aber auch Gedichte zu rezitieren, das ist für mich ein kulturelles Schlüsselerlebnis."


Warum wollen die Leute Gedichte von Goethe hören?

"Viele haben es schon mal mit Goethe versucht, aber nicht den richtigen Zugang gefunden. Meine Rezitation ist das Versprechen, endlich große Literatur mit nicht allzu großer Mühe zu erleben. Dieses Versprechen kann erfüllt werden!"

Schlüpfst du in die Rolle Goethes?

"Nein, das interessiert mich nicht. Ich will Goethe nicht spielen, sondern seine Gedichte ins Hier und Jetzt stellen. Dass ich bei meinem Vortrag so manches Mal ein Goethezeit-Kostüm trage, ist übrigens kein Indiz für schauspielerische Ambitionen. Das Kostüm hilft dem Rezitator, sich gedanklich in die Goethezeit zu begeben und signalisiert dem Publikum, dass wir uns auf eine literarische Zeitreise begeben."


Können Gedichte ihre wahre Kraft erst im Vortrag entfalten? 

"Meiner Meinung ja. Die Tradition der mündlichen Dichtung ist ja sehr viel älter als die der schriftlichen. Ursprünglich wurden Gedichte und Geschichten vorgetragen und zielten auf ein hörendes Publikum.

Rezitation von Gedichten kann also als Rückkehr zu den Wurzeln der Dichtung gesehen werden, wo die unmittelbare Reaktion des Publikums und die Dynamik des Augenblicks eine wichtige Rolle spielen. Der Vortrag von Gedichten wird zu einem Ereignis.

Wie beurteilt Goethe die Rezitation von Gedichten?

"Wir wissen, dass Goethe Rezitation liebte. Er marschierte regelmäßig von Frankfurt nach Darmstadt, um seine Gedichte im Kreis der Empfindsamen vorzutragen, kaum dass die Tinte trocken war."

Warum ist Goethe heute immer noch angesagt?

"Er ist angesagt, weil er uns was zu sagen hat. Wenn Goethe Gedichte schreibt, sind das immer Reflexe unmittelbarer Erfahrung und eines bestimmten Seelenzustands. Da erkennen wir uns wieder."

Warum rezitierst du vor allem Goethe?

"Es ist das Phänomen Goethe, das mich in seinen Bann zieht, ein Mensch, der sein Leben zum Kunstwerk gemacht hat. 

Wenn man Goethe Lebenskunst verstehen will, ist die Rezeption seine Werke, insbesondere auch seiner Gedichte, unumgänglich. Aber das ist eine sehr angenehme Pflicht. 

Irgendwann habe ich entdeckt, dass die Rezitation der Gedichte mir eine noch größere Freude bereitet, als sie nur zu lesen. Der Reiz für mein Publikum besteht darin, dass ich diese Freude weiter trage und mein Wissen über Werk und Dichter gerne teile."


Wer engagiert den Goethe-Rezitator?

"Zum Beispiel Geburtstagskinder, die auf der Frankfurter Gerbermühle feiern – durch Goethe West-östlichen Divan übrigens ein Ort der Weltliteratur – oder Menschen, die bei einer Führung die neue Altstadt in Frankfurt mit Goethes Augen sehen wollen."


Lust auf ein unvergessliches Literaturerlebnis?



Goethe-Rezitation in der Frankfurter Altstadt, ist das nicht ein schwieriges Terrain wegen des Treibens ringsherum?

"Kein Problem, es findet sich immer eine ruhige Ecke. Außerdem hat meine Stadtführung durch Alt-Frankfurt ihre eigenen Gesetze.  Wir spazieren, wir entdecken, wir staunen. Immer auf Goethes Spuren."

Gibt es eine Lieblingsroute?

"Ja, Goethes Route! Wir flanieren vom Römer über den Krönungsweg der deutschen Könige und Kaiser, schauen am Fünffingerplatz vorbei, kommen zur Goldenen Waage, spazieren schließlich rund um den Dom herum bis zum Haus von Goethes Tante Johanna Melber am Hühnermarkt. Und schlendern langsam wieder zurück zum Römer – mit einem Füllhorn an Informationen zu Frankfurt, Goethe und den Krönungsfeierlichkeiten der deutschen Könige und Kaiser."

Lust auf eine spannende Goethezeit-Stadtführung?